BHG, 09.11.1989 - III ZR 108/88
Offizieller Leitsatz: Zum Zinsvergleich von in einer Niedrigzinsstufe ohne Zinsklausel eingeräumten Langfristdarlehen. Für das Recht anerkannt: Operativer Teil: Auf Beschwerde des Angeklagten wird das Beschluss des Dritten Bürgerlichen Senats des Oberlandesgerichtes Celle vom 26. Mai 1988 aufzuheben, soweit es sich als schädlich für den Angeklagten erweist. Der Einspruch der Klägerin gegen das Beschluss der Fünften Bürgerlichen Kammer des Landgerichtes Verden vom 17. Mai 1987 wird vollständig zurueckgewiesen.
Das Guthaben war ab dem Stichtag des Jahres 1979 in einer monatlichen Rate von 706,00 DEM und 143 weiteren Raten von 670,00 DEM zu tilgen. Vom Darlehenserlös wurden 10.241,00 DEM zur Rückzahlung eines Vorschuss-Darlehens einer anderen Hausbank eingesetzt; der Rest steht den Darlehensnehmern frei zur Verfüg. Nach der Zahlung von 69.611,63 DEM an den Beklagten hörte der Antragsteller auf, aufgrund der Unmoral des Kreditvertrags auf.
Er forderte mit der im Jänner 1987 erhobenen Klageschrift die Erstattung von 21.785,63 DEM zuzüglich Verzugszinsen, den Entzug einer Pfändung und die Ausstellung einer Bescheinigung über die Gehaltsabtretung durch den Antragsgegner; außerdem beantragte er ein Feststellungsurteil, dass der Antragsgegner nur Anspruch auf einen Erstattungsanspruch in Höhe von 47.826,00 DEM gegen ihn habe. Die Kreditvereinbarung wird vom Beschwerdegericht als unmoralisch angesehen.
Die Tatsache, dass es sich um einen in einer Tiefzinsphase ohne Zinsklausel abgeschlossenen Langfristkreditvertrag handelte, gibt keinen Anlass zu Befürchtungen hinsichtlich der Verwendung des unverändert gebliebenen Leitzinses als Referenzzins. Es sind gerade lange Laufzeiten, die zu einem überproportionalen Anstieg der Kreditkosten führen, was zu einem besonders ausgeprägten Ungleichgewicht zwischen Performance und Abwägung führt, das sich nur im Leistungsvergleich der "effektiven Zusatzbelastung in Marken und Pfennigen" zeigt.
550,00 DEM bei gleichbleibenden Monatsraten von 670,00 DEM nach 97 Jahren. Weil weitere bei der Gesamtbewertung zu beachtende Sachverhalte den Antragsteller zusätzlich belasten und die personenbezogenen Unsittlichkeitsbedingungen nicht zu leugnen sind, ist der Darlehensvertrag nach 138 Abs. 1 BGB null und nichtig. Die Kreditvereinbarung ist nach 138 Abs. 1 BGB ungültig.
In den vom Bundesrat zur Berechnung des Effektivzinses herangezogenen Sievi/Gillardon/Sievi-Tabellen (Effektivzinssätze für Ratendarlehen, zweite Auflage; siehe z.B. Senatsbeschluss BGHZ 104, 102, 104)[BGH 24.03. 1988 - III 30/87 ] - vor allem für Zahlungsziele von mehr als 48 Mt. - sind nur Anleihen mit einer Restlaufzeit von bis zu 120 I. m.
In dem angefochtenen Beschluss wird nicht dargelegt, wie das Oberlandesgericht die Zinsen in der jetzigen Rechtssache berechnet hat, in der die vertraglich festgelegte Rückzahlungsfrist 144 Monaten ist. Dies wird durch einen Abgleich des vertraglich festgelegten monatlichen Zinssatzes (0,68% p.m.) mit dem in der Zinssatzstatistik der Dt. Bank dargestellten Hauptzinssatz (0,32% p.m.) angezeigt, bei dem die Zwischenkosten und die Bearbeitungsgebühr, soweit sie 2% übersteigen, den vertraglichen Zinssatz und damit die Zinssatzdifferenz anheben ( "zur Anrechnung der Zwischenkosten im vertraglichen Zinssatz", siehe
Senatsbeschluss BGHZ 104, 102, 104[BGH 24.03. 1988 - III ZR 30/87]; zur Bemessungsgrundlage für die auf die Marktzinsen zu erhebende Anmeldegebühr siehe Senatsbeschluss vom 26. Februar 1988 - III ZR 24/87 - BGHR BGB § 138 Abs. 1 - Teilkredite 16 = WM 1988, 647, 648). Dementsprechend ist bei der Bemessung der Unmoral davon auszugehen, dass der vertragliche Zinssatz mehr als das Zweifache des auf den Leitzins bezogenen Vergleichszinssatzes ist, dass aber die Differenz der Zinssätze die 100 %-Marke nur leicht überschreitet.
Im Falle der Ratenkreditvereinbarung bekräftigt der Bundesrat ein auffallendes Missverhältnis zwischen Erfüllung und Entgelt als objektiver Grundvoraussetzung für Unmoral, wenn der Vertragszinssatz verhältnismäßig hoch ist wie der Marktzinssatz (BGH 104, 102, 105)[BGH 24.03. 1988 - III ZR 30/87]. Für die Ermittlung des Marktzinssatzes wird der in der Zinssatzstatistik der Dtb. Bank ausgewiesene Leitzinssatz verwendet.
Mit der Überarbeitung wird die Eignung des unverändert gebliebenen Leitzinses als Benchmark für den Gleichwertigkeitsvergleich im vorliegenden Falle bestritten. Die Tatsache, dass die Bundesbankstatistiken, wie die Überarbeitung zu Recht feststellt, nur Ratendarlehen bis zu einem gewissen Betrag und einer gewissen Frist erfassen, begründet keine ernsthaften Vorbehalte gegen die Verwendung des Leitzinses bei der Veranlagung von Darlehen, deren Betrag und Dauer die von der Deutschen Bank berück sichteten übersteigt (Senatsverordnungen BGHZ 98, 174, 176[BGH 10.
Juli 1986 - III ZR 133/85] und vom 4. Mai 1987 - III ZR 43/86 - BGHR BGB 138 Abs. 1 - Teilzahlungskredit 9 = WM 1987, 613, 614 = WuB I WuB I WuB I E2O b. 750 Dies trifft grundsätzlich auch auf zinsgünstig geschlossene Darlehen zu (Senatsentscheidung vom 3. Juli 1986 - III ZR 130/85 - WM 1986, 1517, 1518).
Ausschlaggebend für den Vergleich der Leistung ist, wie der Bundesrat immer wieder betont hat, der Wert, den ein Darlehensnehmer für ein vergleichbares Darlehen der Mehrheit der anderen Kreditgeber hätte bezahlen müssen (Senatsbeschlüsse BGHZ 98, 174, 176[BGH 10.07. 1986 - III SR 133/85 ] in den Urteilen und vom 4. bis 3. März 1987 aaO).
Stattdessen bleibt der Leitzins auch dann als maßgeblicher Bestimmungsfaktor für den Zinsvergleich von Belang, wenn der Schuldner angesichts der Marktbedingungen nicht in der Lage gewesen wäre, ein ganz ähnliches Darlehen von einem anderen Finanzinstitut zu bekommen. Die Überarbeitung befürwortet jedoch die Ansicht, dass die auf dem Leitzins basierende Zinsvergleichsmethode angesichts des erhöhten Zinserhöhungsrisikos der Banken geändert werden muss, wenn es sich - wie hier - um einen besonders langfristig abgeschlossenen Teilzahlungskreditvertrag handelt, der in einer Niedrigzinsstufe ohne Zinsklausel abgeschlossen wird.
So wird in der ständigen Gerichtspraxis festgestellt, dass der auf der Grundlage des Hauptzinssatzes ermittelte Marktzinssatz drei Prozent p.a. für den Zinsvergleich nach 138 Abs. 1 BGB (Oberlandesgericht Köln in der dem Senatsbeschluss vom 23. Mai 1988 a.a.O. zugrundeliegenden Rechtssache), zwei Prozent p.a. (Landgericht Münster WM 1985, 1105 f = WuB I Ausgewählt 1.-26. 85 mit Note Emmerich; FLF 1986, 29) oder 0,2 Kilometertielpunkte p.a. (Landgericht Köln) ist.
Das Oberlandesgericht München hat in dem Rechtsstreit III XR 103/88, in dem der Oberlandesrat die Beschwerde als nicht zulässig zurückgewiesen hat, eine besonders langfristige Kreditvereinbarung aus der Niedrigzinsphase der Jahre 1975-1979 geprüft (zur Steigerung auch Oberlandesgericht Stuttgart WM 1985, 973, 974; dagegen Oberlandesgericht Düsseldorf WM 1985, 1195, 1197; Oberlandesgericht Köln NJW-RR 1988, 935, 936) [Oberlandesgericht Köln Wochen.
1988 - 13 U 144/87]. Gemäß Palandt/Heinrichs (BGB 48. Adl. 138 Adl. 2b, 1bb unter Berufung auf eine Erklärung der LB NRW vom 16. Mai 1986, 1326/86) ist in solchen Faellen, wenn sich die BayernLB nicht das Recht zur Zinserhoehung vorrausgesetzt hat, ein Aufschlag von 0,02-0,04 Prozentpunkte pro Monat auf den Leitzins erforderlich.
Mit Senatsbeschluss vom 2. Mai 1987 (a.a.O.), in dem der unverändert gebliebene Leitzins als Wertmaßstab für einen Teilzahlungskredit mit einer Dauer von 120 Kalendermonaten ohne Zinsklausel verwendet wurde, wurde ein in einer Hochzinsstufe gewährtes Darlehen behandelt. Sofern der Bundesrat auch Darlehen mit einer zehnjährigen Frist ab einer Niedrigzinsphase prüfen musste, war die Beurteilung der Eignung des Leitzinses als Maßstab für den Vergleich für die Entscheidung nicht relevant: In der Rechtssache III Rn 24/87 (a.a.O.) hat der Zinsvergleich auch ohne den vom Oberlandesgericht für notwendig erachteten Aufschlag auf den Leitzins kein auffallendes Missverhältnis zwischen Leistungsverhalten und Abgeltung offenbart.
Im Falle des Urteils vom 3. Okt. 1986 (III ZR 163/85 - WM 1986, 1519) hatte sich der Kreditgeber das Recht vorenthalten, den Zinssatz in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Zeit nach fünf Jahren anzupassen und sich damit ausreichend gegen das Risiko einer Zinserhöhung abzusichern. Wie in dem Beschluss vom 3. Mai 1987 (a.a.O.) festgestellt, genehmigte der Bundesrat den Wertvergleich mit dem unverändert gebliebenen Leitzins nur wegen des Rechts der Nationalbank, die Zinssätze anzupassen.
So war im Monat vor Abschluss des Kreditvertrags im Jahr 1978 der Leitzins für Ratenkrediten von 0,31% pro Monat auf 0,32% pro Monat gesteiger. Hat sich der Antragsgegner in dieser Lage dennoch auf eine zwölfjährige Zinsbindungsfrist geeinigt, kann dies bei der Prüfung nicht außer Acht gelassen werden, ob ein auffallendes Missverhältnis zwischen seiner Leistungsfähigkeit und der Vergütung des Antragstellers auftritt.
Wie dieser Sachverhalt zu beachten ist, z.B. durch Abtragung vom Vertragszinssatz oder durch Hinzufügung eines Zuschlags zum Leitzins, oder ob in solchen FÃ?llen das fÃ?r die Bemessung der auffallenden Disproportion relevante Limit entsprechend Ã?ber die 100 %-Marke angehoben werden soll, mÃ? Aufgrund der vorstehend beschriebenen Besonderheit des vorliegenden Falls und angesichts der Tatsache, dass der unter Verwendung des unverändert gebliebenen Leitzinses berechnete Zinsüberschuss nur etwas über 100 Prozent beträgt, kann hier keinesfalls ein auffallendes Ungleichgewicht im Sinn von § 138 Abs. 1 BGB bestätigt werden.
Die Beschwerde richtet sich auch zu Recht dagegen, dass das Appellationsgericht nicht nur - wie der Oberlandesrat - die Effektivzinssätze der Jahreszinssätze miteinander vergleicht, sondern auch die gesamten Kosten der dem Antragsteller eingeräumten Kredite - in "Marken und Pfennigen" - mit den Gestehungskosten eines gleichwertigen Kredites zum gleichen Monatssatz, aber zum Leitzins von nur 0,32% p.m., gegenübertreibt und der daraus resultierenden Gesamtkostendifferenz von über 200% den maßgebenden Wert beimisst.
Der unterproportionale Anstieg der gesamten Kreditkosten ist auf die Ausweitung der Laufzeit zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund erscheint der von den Beteiligten abgeschlossene Abzahlungskreditvertrag nicht unmoralisch, auch wenn die zusätzlichen Kreditkonditionen, denen der Antragsteller unterliegt, berücksichtigt werden.
Die Datenerhebung beim Kreditantrag erfolgt durch: smava GmbH Kopernikusstr. 35 10243 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.smava.de Hotline: 0800 - 0700 620 (Servicezeiten: Mo-Fr 8-20 Uhr, Sa 10-15 Uhr) Fax: 0180 5 700 621 (0,14 €/Min aus dem Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 €/Min) Vertretungsberechtigte Geschäftsführer: Alexander Artopé (Gründer), Eckart Vierkant (Gründer), Sebastian Bielski Verantwortlicher für journalistisch-redaktionelle Inhalte gem. § 55 II RStV: Alexander Artopé Datenschutzbeauftragter: Thorsten Feldmann, L.L.M. Registergericht: Amtsgericht Charlottenburg, Berlin Registernummer: HRB 97913 Umsatzsteuer-ID: DE244228123 Impressum